1952 – 2000
Im Bach-Jahr 1950 übernimmt Carl Mathieu Lange (28.1.1905 – 25.5.1992) die Leitung der Sing-Akademie zu Berlin. Da Georg Schumann als Direktor auf Lebenszeit gewählt war, tritt er offiziell erst 1952 in dessen Amtsnachfolge. Er versteht seine Berufung als Auftrag, die Bach-Pflege der Institution fortzusetzen, zugleich aber zu erneuern im Sinne eines modernen, transparenteren Bach-Klangs. Lange bevorzugt den italienischen Barock, bringt Monteverdis "Marienvesper" zur deutschen Erstaufführung sowie Messen von Allessandro Scarlatti und Antonio Caldera. Er führt eine ganze Reihe von Haydn-Messen auf und interessiert sich innerhalb der Musik des 19. Jahrhunderts vor allem für Jugendwerke, fördert eine Messe des 18jährigen Puccini und ein Te Deum des 20jährigen Bizet ans Licht. Auch die Moderne fehlt nicht gänzlich: Strawinskys Psalmen-Symphonie kommt zu Gehör, und zum 175jährigen Bestehen des Chores erhält Hans Werner Henze den Auftrag für seine "Musen Siziliens".
Hans Hilsdorf (16.03.1930 – 17.11.1999), Direktor der Sing-Akademie zu Berlin von 1973 bis 1999, erweitert das Repertoire nach allen Seiten, stellt Stabat-Mater-Kompositionen von Poulenc, Rossini und Dvorak vor. Osteuropa tritt mit Kodály ins Blickfeld. Die Auseinandersetzung mit der Moderne (Bernd-Alois Zimmermann, Hans Gál, Nikolai Badinski, Helge Joerns u.a.) gelangt 1983 bis zur hochartifiziellen Kantate "Das Augenlicht" von Anton Webern, die gemeinhin Laienchören verschlossen ist. Hans Hilsdorf, unter dessen Leitung die Sing-Akademie zu Berlin 1991 ihr 200jähriges Bestehen feiert, bleibt über alldem der Tradition des Chores eingedenk, erinnert an die Fasch-Messe und Werke anderer, präsentiert sich selbst als Komponist. Er stellt nun aber auch den Chor anderen Dirigenten zur Verfügung, lässt ihn an Veranstaltungen teilnehmen, die weit hinausgehen über den ursprünglichen Ansatz der Sing-Akademie, die Pflege der "heiligen Musik". Zur 750-Jahr-Feier Berlins erlebt man die Sing-Akademie zu Berlin an der Siegessäule in einer Aufführung der Oper "Zar und Zimmermann" von Albert Lortzing – der einst in der Sing-Akademie mitwirkte.